Bundesrat: Schallenberg will Impfdiplomatie stärken und kündigt weitere Hilfen für den Westbalkan an

Aktuelle Stunde über gerechten Zugang zu Vakzinen und Haltung Österreichs zum ungarischen LGBTIQ-Gesetz

Wien (PK) Ein Bekenntnis zur Impfdiplomatie, die heute im Fokus einer Aktuellen Stunde im Bundesrat stand, legte Außenminister Alexander Schallenberg ab. Er sei sehr stolz darauf, dass Österreich im Rahmen des EU-Mechanismus zur gemeinsamen Nutzung des Impfstoffbestands als erster Staat beauftragt wurde, mit den Impfhilfen für den Westbalkan zu beginnen. Dies sei sehr gut gelungen, denn bereits im Mai konnten 651.000 Dosen von Biontech/Pfizer an die Länder übergeben werden. Sobald alle impfwilligen ÖsterreicherInnen versorgt sind, werden – wie von Bundeskanzler Kurz angekündigt – ab August eine weitere Million an Impfdosen für diese Region zur Verfügung gestellt.

Bezüglich der Kritik an der Haltung Österreichs zum ungarischen LGBTIQ-Gesetz stellte der Ressortchef klar, es sei gut und richtig, dass die EU dagegen vorgehe. Die Regelungen seien „perfide“, dennoch halte er daran fest, dass Österreich keine Außenpolitik auf Zuruf oder per Tweet mache.

ÖVP: Impfturbo und „Grüner Pass“ werden Tourismus wieder in Schwung bringen

Im Rückblick betrachtet sei Österreich relativ gut durch die Corona-Krise gekommen, urteilte Bundesrat Eduard Köck (ÖVP/N), wobei vor allem die umfassende Teststrategie und die raschen Wirtschaftshilfen wichtige Beiträge geleistet hätten. Auch der von Bundeskanzler Kurz initiierte „Grüne Pass“ werde sicherstellen, dass der Tourismus wieder in Schwung komme. Um die Pandemie endgültig bewältigen zu können, müsse nun aber der Fokus auf das Impfen gelegt werden, machte Köck geltend. Hier zeichne sich eine sehr positive Entwicklung ab, da in Österreich mittlerweile 4,5 Millionen Personen zumindest die erste Dosis erhalten haben. Da es sich um eine globale Epidemie handle, sei es wichtig, auch die ärmeren Länder bei der Versorgung mit Impfstoffen zu unterstützen, erklärte Harald Himmer (ÖVP/W).

SPÖ fordert mehr Solidarität von den reicheren Ländern und übt Kritik an der Haltung Österreichs zum LGBTIQ-Gesetz in Ungarn

Stefan Schennach (SPÖ/W) stellte eingangs klar, dass die ursprüngliche Idee für den „Grünen Pass“ nicht von Bundeskanzler Kurz kam, sondern auf EU-Ebene von VertreterInnen aus Griechenland und Kroatien erstmals vorgeschlagen wurde. Auch in Sachen Impfdiplomatie gehe die Regierung nicht ganz redlich vor, zumal die Lieferung von Impfdosen an die Balkanstaaten keine Hilfe ohne Bedingungen darstelle. Stattdessen sollte Österreich die Gelder an jene Stellen überweisen, die weltweit für eine gerechte Verteilung von Impfstoffen sorgen, wie etwa die von der WHO geleitete COVAX-Facility, schlug Schennach vor. Zu tun gäbe es viel, da die ärmsten Länder der Welt erst einen Anteil von 1,5% an Impfdosen erhalten haben. Kritik übte der SPÖ-Bundesrat auch am Umgang der Regierung mit dem ungarischen LGBTQ-Gesetz, da Österreich erst nach einer eintägigen Nachdenkphase die gemeinsame Protestnote von 16 EU-Staaten unterstützt habe. Elisabeth Grimling (SPÖ/W) forderte mehr Solidarität von den reicheren Staaten ein, da sich viele Länder die Vakzine nicht leisten können. Derzeit würden täglich noch immer mehr als 8.500 Menschen an COVID-19 sterben.

FPÖ spricht von absurder Themenstellung und zieht Effizienz der Impfung in Zweifel

Von einer der „absurdesten Themenstellungen“, die es jemals bei einer Aktuellen Stunde gegeben hat, sprach Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W). „(Impf-)Diplomatie in Zeiten der Corona-Krise: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ – was soll das genau heißen, fragte er. Seiner Meinung nach sei die Effizienz der Impfung ohnehin fraglich, zumal gerade in Großbritannien, wo der größte Anteil der Bevölkerung geimpft ist, die Infektionszahlen wieder stark steigen. Wenn man den armen Ländern in der Pandemie wirklich helfen wolle, dann sollte man die Pharmafirmen, die derzeit das „Geschäft des Jahrtausends“ machen, dazu bringen, den Patentschutz aufzuheben, regte Hübner an. Dafür bräuchte es ein internationales Abkommen. Was das Thema Ungarn angeht, so bezweifelte Hübner, dass das angesprochene Gesetz gegen einen europäischen Wert verstoße. Es sei seiner Meinung nach damit in keiner Weise eine Kriminalisierung der LGBTIQ-Community verbunden. Sein Fraktionskollege Thomas Dim (FPÖ/O) übte grundsätzliche Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung, unter der vor allem die jungen Menschen gelitten haben.

Grüne für mehr internationale Impfsolidarität und für temporäre Aufhebung des Patentschutzes

Die Pandemie habe allen klar aufgezeigt, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit bei der Bewältigung einer solchen Krise sei, unterstrich Marco Schreuder (Grüne/W). So sei die EU nicht nur der größte Geldgeber des COVAX-Programms, sondern koordiniere auch bilaterale Impfstoffhilfen. Österreich wiederum habe bei der Verteilung von Impfdosen an die Westbalkanstaaten eine führende Rolle, führte Schreuder aus. Er befürwortete auch eine temporäre Aufhebung des Patentschutzes der Vakzine; hier würde es noch mehr Engagement von Seiten der Europäischen Union brauchen. Da Sicherheit nicht nur beim Impfen ein wichtiger Wert sei, drückte Schreuder seine Solidarität mit der LGBTIQ-Community in Ungarn aus, die keinem Hass und keiner Diskriminierung ausgesetzt sein sollten. Von dem Gesetz betroffen seien vor allem die jungen Menschen, die nicht mehr aufgeklärt und informiert werden dürfen.

Auch wenn die EU einige wichtige Initiativen bei der Verteilung von Impfstoffen gesetzt habe, brauche es noch mehr Solidarität in dieser Frage, urteilte Bundesrat Adi Gross (Grüne/V). Ebenso wie sein Fraktionskollege Schreuder machte er sich dafür stark, den Patentschutz auszusetzen, wie dies vor kurzem das Europäische Parlament gefordert habe.

NEOS: Weniger Symbolpolitik und mehr echte Hilfe

Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) stellte mit Bedauern fest, dass Österreich im Hinblick auf die Impfstoffdiplomatie zu den Blockierern in der EU gehöre. So habe Bundeskanzler Kurz etwa nach dem „unsäglichen und falschen Impfbazar-Sager“ die freiwillige Umverteilung abgelehnt. Ein wenig später habe er Tschechien 30.000 Dosen „geschenkt“, die aber noch immer nicht angekommen seien. Grundsätzlich funktioniere die Impfdiplomatie der Europäischen Union sehr gut, urteilte Arlamovsky, zumal über 200 Millionen Impfdosen, die in der EU produziert wurden, in den Export gingen. Auch die koordinierende Rolle Österreichs bei der Verteilung von Impfstoff an die Länder des Westbalkans sei durchaus zu begrüßen. Österreich sollte aber auch dann aktiv sein, wenn es darum gehe, in internationale Pools einzuzahlen oder zu spenden, wünschte sich der Bundesrat.

Schallenberg will Impfsolidarität mit den Ländern des Westbalkans sowie den Partnerstaaten noch weiter ausbauen

Bei der Bekämpfung der Pandemie habe man mittlerweile zwar sehr große Fortschritte gemacht, war Außenminister Schallenberg überzeugt, dennoch seien die Gefahren noch lange nicht gebannt. Zum ersten Mal seit langer Zeit war die westliche Welt nicht nur unbeteiligter Zuseher einer Krise, sondern selbst voll betroffen. Am stärksten unter den Auswirkungen würden aber die Menschen in den Entwicklungsländern leiden, und dabei vor allem die Kinder und Frauen. Zudem habe sich COVID-19 noch als Brandbeschleuniger von internationalen Krisen erwiesen, gab der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten zu bedenken. Es sei daher dringend notwendig, dass die internationale Diplomatie wieder voll in Gang komme. Dies betreffe auch das Impfprogramm, das in vielen Ländern nur schleppend anlaufe. Schallenberg hob hervor, dass Österreich im Rahmen des europäischen „Vaccine sharing mechanism“ als erster Staat beauftragt wurde, mit den Impfhilfen für den Westbalkan zu beginnen. Nachdem die erste Verteilung im Mai stattfand, wolle Österreich ab August zusätzlich eine Million an Impfdosen an diese Länder weitergeben. Natürlich seien damit keine Bedingungen verbunden, stellte er in Richtung des Abgeordneten Schennach klar. Insgesamt werde die EU bis zum Ende des Jahres noch 100 Millionen Dosen an Vakzinen für ärmere Länder zur Verfügung stellen. Parallel dazu laufe das COVAX-Programm, das von der Union mit 2,5 Mrd. € unterstützt werde. (Fortsetzung Bundesrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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