EU-Ausschuss des Bundesrats behandelt Brexit-Abkommen und EU-Impfstrategie

Österreichische Regionen dürften von Brexit-Finanzreserve profitieren, offene Fragen zu Impfstoff-Lieferverträgen

Wien (PK) Der EU-Ausschuss des Bundesrats widmete sich dem Ende Dezember beschlossenen Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sowie dem Verordnungsvorschlag zur Einrichtung einer analogen Mittelreserve, wobei auch einige österreichische Regionen auf Förderungen hoffen dürfen. Die Lieferverträge zwischen der Europäischen Kommission und den COVID-19-Impfstoff-Produzenten wurden von den BundesrätInnen anhand einer Kommissionsmitteilung zur EU-Impfstoffstrategie thematisiert. Details über die Vertragsinhalte blieben allerdings offen.

Besorgnis über Brexit-Wettbewerbsbedingungen

Der Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung des Brexit-Abkommens sieht eine Wirtschaftspartnerschaft inklusive eines einheitlichen institutionellen Rahmens und eine Sicherheitspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vor. Ein beigefügtes Verschlusssachenabkommen regelt den Austausch geheimhaltungsbedürftiger Informationen, wie bei EU-Abkommen mit Drittländern üblich, wenngleich der Ratifikationsprozess auf EU-Seite noch nicht abgeschlossen ist. Die vorläufige Anwendung des Abkommens gilt vorerst bis 28. Februar und könnte laut einem Vertreter des Außenministeriums wahrscheinlich bis April dauern. Österreich wertet den erfolgreichen Abschluss der Brexit-Verhandlungen als überwiegend positiv, da ein möglichst enges zukünftiges Verhältnis zu Großbritannien und Nordirland auch im Interesse Österreichs liege. Das Abkommen stelle eine gute Basis für die künftige Partnerschaft dar, mit einem No-Deal-Szenario wäre dies wesentlich schwieriger gewesen, so die Experteneinschätzung. Aus Sicht der Wirtschaft ist das Abkommen als „second best solution“ zu betrachten, meinte ein WKO-Vertreter, der eine Verschlechterung des Wettbewerbs für die rund 1.000 österreichischen Unternehmen, die in Geschäftsbeziehungen mit Großbritannien stehen, befürchtet. Das Level Playing Field wertet ein Vertreter der Arbeiterkammer vor dem Hintergrund der Problematik des unlauteren Wettbewerbs als wunden Punkt, trotzdem sei das Übereinkommen „besser als nichts“.

Über die Brexit-Wettbewerbsbedingungen zeigte sich auch Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) besorgt, weil das Level Playing Field nun doch nicht dem Streitbeilegungsmechanismus unterliege. Diesbezüglich ist Bundesrätin Sonja Zwazl (SPÖ/N) froh, dass die Wirtschaftskammer einen Info-Point für Betriebe eingerichtet habe. Der Ressortvertreter berichtete in diesem Zusammenhang von Hindernissen bürokratischer Natur in den Bereichen Entsendung und Zoll. Bedauerlich fanden sowohl er als auch Bundesrat Schennach, dass sich die Briten aus dem Erasmus-Programm zurückgezogen haben. Da es sich bei dem Abkommen um ein Arbeitsdokument handle, gebe es allerdings noch die Möglichkeit für „fine tuning“, gab sich der Experte zuversichtlich. Bilaterale Abkommen wären nur für jene Themen eine Option, die über das vorliegende Bündnis hinaus gehen, sagte er zu Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S).

Im Sommer des Vorjahres wurde vom Rat ferner die Einrichtung einer Finanzreserve für die Anpassung an den Brexit beschlossen, um unvorhergesehenen und nachteiligen Auswirkungen in den Mitgliedstaaten und besonders betroffenen Sektoren zu begegnen. In einem dazu nun vorliegenden Verordnungsvorschlag wird das Instrument mit 5,37 Mrd. € dotiert. Konkret sollen die Reservemittel für die zusätzlichen öffentlichen Ausgaben verwendet werden, die den Mitgliedstaaten zwischen 1. Juli 2020 und 31. Dezember 2022 durch die Einführung spezieller Maßnahmen in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Brexit entstehen, erläuterte eine Expertin aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Aus österreichischer Sicht sei dabei wichtig, dass der Fokus auf den am stärksten betroffenen Branchen und Regionen liegt und die Mittel anhand angemessener Kriterien aufgeteilt werden. Möglicherweise könnten davon in Österreich die Steiermark wegen der Fahrzeugbranche und Oberösterreich wegen der chemischen Industrie profitieren, sagte die Ressortvertreterin zu Bundesrätin Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N). Bei der Förderabwicklung werde auf bekannte Strukturen zurückgegriffen, wurden die Bundesräte Stefan Schennach (SPÖ/W) und Johannes Hübner (FPÖ/W) informiert.

EU-Impfstoffbeschaffung weckt Bedürfnis nach Transparenz

Zur Gewährleistung eines raschen Zugangs der europäischen Bevölkerung zu COVID-19-Impfstoffen hat die Kommission eine EU-Strategie zur Beschleunigung der Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen das Coronavirus vorgelegt. Sie beruht auf zwei Säulen: der finanziellen Sicherstellung einer ausreichenden Produktion der Vakzine sowie der Anpassung des EU-Rechtsrahmens an die derzeitige Dringlichkeit, um unter Einhaltung der Qualitätsstandards die Entwicklung und Zulassung der Impfstoffe zu beschleunigen, wie eine Vertreterin aus dem Gesundheitsressort ausführte. Ansonsten würde eine Impfstoffentwicklung 10 bis 15 Jahre dauern, sagte sie. Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) fragte nach der Haftung bei allfälligen Impfschäden. Diese sei hierzulande durch das Impfschadensgesetz abgedeckt, erklärte die Expertin.

Österreich beteiligt sich an der gemeinsamen COVID-19-Impfstoffbeschaffung, in die alle 27 EU-Mitgliedstaaten eingebunden sind. Innerhalb der EU werden die reservierten Liefermengen jeweils nach Bevölkerungsanteil aufgeteilt, sodass Österreich zwei Prozent der zur Verfügung stehenden Impfstoffdosen zustehen. Der Bund stellt dazu einen Finanzrahmen für den Ankauf der Impfstoffe von 315,3 Mio. € bereit.

Die Ausschussmitglieder Martin Preineder (ÖVP/N), Ingo Appé (SPÖ/K) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) interessierten sich aufgrund aktueller Ereignisse vor allem für vertragliche Details zum AstraZeneca-Stoff, wobei die beiden geladenen ExpertInnen diesbezüglich kaum aufklären konnten. Die von der Kommission geschlossenen Vorverträge würden über Geheimhaltungsklauseln verfügen und seien nicht öffentlich zugänglich. Pennalen seien laut dem Ressortexperten aber wohl vorgesehen, hielt er gegenüber Bundesrätin Isabella Kaltenegger (ÖVP/St) fest. Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W) konnte nicht nachvollziehen, dass die zahlungspflichtigen Mitgliedstaaten keine Vertragseinsicht erhielten. Auch für Bundesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) gilt es, aus der gegenwärtigen Situation Lehren zu ziehen und derartige Verträge künftig transparent zu gestalten. (Schluss EU Ausschuss des Bundesrats) fan


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