„Hey Chef/in, du nervst!“ – Wie schlechter Führungsstil MitarbeiterInnen im Tourismus zusetzt.

Sonderauswertung des Arbeitsklima Index Tourismus belegt, wie Vorgesetzte die Frustration unter den Beschäftigten befeuern

Wien . (OTS) Während im heimischen Tourismus jährlich neue Rekorde aufgestellt werden und die Branche jubelt, hält sich die Begeisterung bei den Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe in Grenzen. Nach einem Zwischenhoch im Jahr 2017 ist die Jobzufriedenheit zum zweiten Mal in Folge gesunken, 2019 sogar drastisch. Das belegen heute vorgelegte Daten einer durchgeführten Sonderauswertung des Arbeitsklima Index (AI Tourismus), präsentiert von Gewerkschaft vida, AK Wien und IFES.

Zufriedenheit sinkt dramatisch, Belastungen steigen

Verglichen mit anderen Branchen sind die Beschäftigten in der Gastronomie und Hotellerie mit ihrem beruflichen Umfeld deutlich unzufriedener. Der ohnehin schon niedrige Zufriedenheitswert des vergangenen Jahres ist heuer noch einmal dramatisch gesunken. Die Beschäftigten sind stärker als je zuvor mit dem Führungsstil unzufrieden. Erneut gesunken sind auch die Zufriedenheit mit der Dienstplangestaltung und dem Einkommen. Zunehmend skeptischer beurteilen viele ArbeitnehmerInnen ihre Aufstiegschancen und Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb ihres Betriebes.

Verglichen mit anderen Branchen setzen den Beschäftigten im Tourismus vor allem hohe körperliche Belastungen und Stress zu. Das lasten die Beschäftigten oft ihrer Führungskraft an. „Es zeigt sich, wie wichtig eine gute Zeiteinteilung durch die Führungskraft für ein gutes Arbeitsklima ist. Es ist sogar einer der Grundpfeiler“, ist Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, überzeugt.

Was einen guten Chef ausmacht

Die ArbeitnehmerInnen wünschen sich mehr Handlungsspielraum bei Entscheidungen. „Sie wollen sich einbringen. Ein gutes Arbeitsklima entsteht nicht, wenn Vorgesetzte die verbale Keule auspacken und eine Befehlsstruktur an den Tag legen. Wer seine Kolleginnen und Kollegen nicht unterstützt, kann auch nicht mit ihrer Zufriedenheit rechnen“, unterstreicht Tusch. Ein gutes Arbeitsklima, passende Arbeitszeitregelungen und attraktive Sozialleistungen haben zudem positive Effekte auf die Führungszufriedenheit. Auffällig ist, dass das Einkommen keinen Effekt darauf hat, ob ich mit meinem Chef oder meiner Chefin zufrieden bin.

Wenn schlechte Führung krank macht

Schlechte Führung hat auch gesundheitliche Folgen. Beschäftigte, die mit ihren direkten Vorgesetzten unzufrieden sind, sind deutlich öfter von körperlichen Schmerzen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen als Zufriedene. Das zeigt sich insbesondere in einem erheblich häufigeren Auftreten von Kreuzschmerzen und Muskelverspannungen, von Erschöpfungszuständen, aber auch von Beinschmerzen bis hin zu psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen oder einem erhöhten Blutdruck.

Führungskräfte mit sozialer Kompetenz ausstatten

Gute Führung ebnet den Weg dafür, dass die ArbeitnehmerInnen länger in der Branche bleiben. „Die Branche muss es schaffen, die Menschen mit sozialer Kompetenz an sich zu binden“, so Tusch. Beschäftigte, die mit ihrem Vorgesetzten oder ihrer Vorgesetzen zufrieden sind, sind auch im Beruf glücklicher. „Ich fordere die Unternehmen daher auf, in ihre Führungskräfte zu investieren. Fairer und guter Umgang mit Menschen ist lehr- und lernbar. Wenn wir es schaffen, die Verweildauer der Beschäftigten auszudehnen, lösen wir mit einem Schlag viele Probleme im Tourismus“, so Tusch.

Forderungen an die kommende Bundesregierung

„Wer mit besten Arbeitsbedingungen Leidenschaft und Enthusiasmus bei seinen Beschäftigten fördert, erntet top-motivierte Fachkräfte und beste Gastgeber. Das muss auch der kommenden Regierung klar sein“, bekräftigt Tusch. Um die Arbeitswelt der Beschäftigten im Tourismus zu verbessern, richtet der vida-Gewerkschafter schon jetzt sechs Forderungen an die künftigen Regierungsmitglieder:

  • Qualitativ hochwertige Personal-Unterkünfte: Hierzu können wir uns vorstellen, dass dafür etwa bestehende und wirtschaftlich nicht erfolgreiche Beherbergungsbetriebe umgewandelt werden.

  • Ausreichende Erholungsphasen: Die Ruhezeitverkürzung von elf auf acht Stunden muss zurückgenommen werden. Die Beschäftigten brauchen ausreichend Erholung, um die hohen betriebsbedingten Stressfaktoren besser aushalten und abfedern zu können.

  • Bewertungskriterien für gute Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber: Als vida sind wir bereit, an der Erstellung eines derartigen Kriterienkatalogs mitzuarbeiten. Die Beschäftigten sollen so eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl ihres touristischen Arbeitsplatzes mit auf den Weg bekommen.

  • Einrichtung einer Tourismuskasse nach dem seit Jahrzehnten bewährten Modell der Urlaubs- und Abfertigungskasse der Baubranche. Eine solche Kasse würde durch regelmäßige Einzahlungen ermöglichen, dass beispielsweise bei einem Jobwechsel zwischen Saisonspitzen Urlaubsansprüche nicht verfallen würden, sondern mitgenommen werden könnten.
  • Gute Führung ist auch wichtig in Zusammenhang mit der betrieblichen Lehrausbildung. Neben der längeren Bindung der Beschäftigten müssen Führungskräfte aktiv in die Qualitätssicherung der innerbetrieblichen Lehrausbildung eingebunden werden und einen aktiven Beitrag leisten.
  • Die Erweiterung der Mangelberufsliste hat das Ziel 2019 klar verfehlt. Die Branche muss gemeinsam mit ihren Führungskräften ihre Hausaufgaben erledigen, anstatt zu fordern, dass Arbeitskräften, die aus dem Nicht-EU-Raum kommen, Tür und Tor geöffnet werden.

Fotos der Veranstaltung auf Anfrage.

Die gesamte Auswertung des AI Tourismus ist auch auf www.vida.at/tourismus abrufbar.

Rückfragen & Kontakt:

Gewerkschaft vida/Öffentlichkeitsarbeit

Mag. Peter Leinfellner

Tel.: 01 53444 79-267 bzw. 0650 36 36 399

E-Mail: peter.leinfellner@vida.at

Internet: www.vida.at

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