Leitartikel „Es steht zu viel auf dem Spiel“ vom 8.5.2020 von Mario Zenhäusern

Innsbruck (OTS) Nach dem fehleranfälligen Tiroler Corona-Krisenmanagement steht das Renommee des Landes auf dem Spiel. Die Aufarbeitung der Vorgänge von Anfang März ist zu wichtig, um zwischen kleinlicher Parteipolitik zerrieben zu werden.

Von Mario Zenhäusern
Tirol wurde von der Corona-Krise regelrecht überrumpelt. Nicht nur die Touristiker, auch Behörden und die Landespolitik. Die Folge waren zu späte und – im Nachhinein betrachtet – falsche Entscheidungen, die den Ruf Tirols im In- und Ausland schwer ramponierten. Die Auswirkungen des ganz offensichtlich fehleranfälligen Tiroler Corona-Krisen­managements dürfte das Land noch lange zu spüren bekommen. Auch, weil mit dem Tourismus einer der wichtigsten Branchen mit Abstand am stärksten betroffen ist. Aber nicht nur. Erst nach (zu) langem Zögern einigte sich die Landespolitik nämlich darauf, die Vorgänge von Anfang März aufzuarbeiten. Jene Vorgänge, die letztlich dazu führten, dass Tirols Skidestinationen als Virenschleudern, als „Home of Wahnsinn“ gebrandmarkt wurden.
Unabhängige Experten sollen nun in einer Untersuchungskommission die jeweiligen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Wissensstände penibel recherchieren und dem Tiroler Landtag zur Bewertung vorlegen. Ein nicht nur richtiges, sondern auch wichtiges Unterfangen. Gilt es doch, aus Fehlern, die zweifellos gemacht wurden, zu lernen.
Aber statt sich rasch auf eine Vorgangsweise, auf die Untersuchungsgegenstände und letztlich auf einen untadeligen Vorsitzenden zu einigen, der sich dann ein ebensolches Team sucht, streiten die Landtagsparteien seit Tagen über Personen. Statt endlich Fakten zu liefern, ergehen sich die Politiker in lähmenden Debatten und Nachdenkpausen. Statt sich um eine über jeden Zweifel erhabene Besetzung der Kommission zu kümmern, steht wieder einmal die Ideologie im Vordergrund. Nicht bei allen, zugegeben. Aber die wenigen, die diese Art von Politik betreiben, reichen aus, um das Projekt zu diskreditieren und das Vertrauen in eine transparente Aufarbeitung zu erschüttern.
Dieses zögerliche Herangehen an die Untersuchung des Tiroler Corona-Krisenmanagements ist völlig unverständlich. Schließlich geht es um keine Kleinigkeit. Auf dem Spiel stehen das Renommee des Landes, das Vertrauen in die Behörden und die Glaubwürdigkeit der Politik. Außerdem schaut halb Europa zu, wie Tirol mit den nach wie vor im Raum stehenden Vorwürfen umgeht. Vom Ergebnis dieser Untersuchung wird auch abhängen, ob Tirol auf längere Zeit beschädigt bleibt oder rasch ein Neustart in eine nach Corona ohnedies ungewisse Zukunft möglich ist. Das ist zu wichtig, um zwischen den Mühlen kleinlicher Parteipolitik zerrieben zu werden.

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