Rückkehr des Wolfes löst heftige Debatte im Nationalrat aus

ÖVP und FPÖ unterstützen Forderung nach wolfsfreien Zonen, Oppositionsfraktionen gegen Aufweichung des Artenschutzes

Wien (PK) Die Rückkehr des Wolfes nach Österreich und seine mögliche dauerhafte Etablierung als Teil der heimischen Fauna ist nicht für alle Anlass zur Freude. Insbesondere in der Bauernschaft bestehen Ängste und Besorgnis, wie heute im Nationalrat deutlich artikuliert wurde. Ausdruck finden die Bedenken gegen den Wolf in drei Petitionen, in denen auf Probleme der Siedlungs- und Weidegebiete im Waldviertel, in Tirol und in Salzburg hingewiesen wird. Als Antwort darauf werden gesetzliche Grundlagen gefordert, um so genannte Problemwölfe leichter entnehmen und bestimmte Gebiete überhaupt wolfsfrei halten zu können. Dazu sollen entsprechende europarechtlichen Ausnahmeregelungen genützt werden bzw. eine Änderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie erfolgen. Weiteres Anliegen der Petitionen ist die Zahlung von Entschädigungen an betroffene Bäuerinnen und Bauern.

Die Abgeordneten der Regierungsparteien betonten, das Anliegen des Artenschutzes dürfe nicht dazu führen, die Probleme für die Weidewirtschaft und den Fortbestand der Almen in Österreich zu ignorieren, zumal der Wolf in Europa keine gefährdete Art sei. Das bedeute auch, dass bestimmte Regionen in Österreich besser wolfsfrei bleiben sollten. SPÖ, NEOS und die Fraktion JETZT zeigten zwar ebenfalls Verständnis für die Anliegen der Landwirtschaft und des Tourismus, wollten aber keine Aufweichung des Artenschutzes akzeptieren. Ein sinnvolles Wolfsmanagement, das einen Ausgleich aller Interessen herstelle, sei möglich, wie Beispiele anderer Länder zeigten. Die drei Petitionen wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

SPÖ: Sorgen der Landwirtschaft ernst nehmen, aber „die Kirche im Dorf lassen“

Die Diskussion sei zweifellos schwierig, sagte Sonja Hammerschmid (SPÖ). Es gelte, einen Ausgleich zwischen den Interessen des strengen Artenschutzes, aber auch der Landwirtschaft und des Tourismus zu schaffen. Selbstverständlich müssten den LandwirtInnen die Schäden abgegolten werden, die sie durch Wolfsrisse erleiden. Bisher gebe es jedoch eine sehr geringe Zahl von Wölfen in Österreich. Für 2018 lag die höchste Schätzung bei 35 Tieren, man solle daher „die Kirche im Dorf lassen“, wie Hammerschmid formulierte. In Europa gebe es eine Reihe von Ländern, in denen man gelernt habe, mit weit höheren Wolfsdichten umzugehen. Was das Management großer Beutegreifer angehe, so verstehe sie nicht, welchen Vorteil das neue „Österreichzentrum Wolf, Bär, Luchs“ bringe, dem die Landwirtschaftsministerin das Wolfsmanagement übertragen wolle. Vielleicht wollte man „die Möglichkeit zur Schaffung eines neuen Planpostens nützen“, stellte Hammerschmid ironisch in den Raum.

SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher kritisierte ÖVP und FPÖ, sie führe über den Wolf eine Debatte weitgehend aufgrund unbewiesener Behauptungen. In Österreich seien Menschen durch Kühe getötet worden, aber noch niemand durch einen Wolf. Man solle die Diskussion daher anhand von Fakten führen, anstatt den Wolf als „gefährlichen Einwanderer“ zu diffamieren.

ÖVP: Dichtbesiedelte Kulturlandschaften Österreichs sind nicht wolfstauglich

Der strenge Schutz von Wölfen sei zwar richtig, doch gelte es, auch den Schutz der Nutztiere und der Menschen zu beachten, gab Martina Diesner-Wais (ÖVP) zu bedenken. Die Zahl der Wölfe steige, im Waldviertel hätten sich unterdessen mehrere Wolfsrudel etabliert. Das führe zu Unruhe und Ängsten in der Bevölkerung, die man ernst nehmen solle. Vom „Österreichzentrum für Wolf, Bär, Luchs“ erwartet sich die Abgeordnete die Erarbeitung wirksamer Maßnahmen. In Niederösterreich gebe es bereits eine Verordnung, die eine Entnahme von „Problemwölfen“ unter strengen Auflagen erlaube, das sei ein Schritt in die richtige Richtung, befand Diesner-Wais.

Laut Hermann Gahr (ÖVP) stellt die Zunahme der Wölfe insbesondere die Almwirtschaft, aber auch den Tourismus vor große Probleme. Die Risse von Nutztieren durch Wölfe seien beträchtlich, das zeigten Zahlen aus anderen Ländern des Alpenraums. Da die Wolfspopulationen derzeit rasch zunehmen, müsse man jetzt überlegen, wie damit umzugehen sei. Die Wiederansiedelung des Wolfes dürfe jedenfalls nicht ungeregelt vor sich gehen. Aus Sicht von Gahr gilt es dabei zu akzeptieren, dass nicht alle Kulturlandschaften in Österreich für den Wolf geeignet sind. Neben dem Artenschutz sei auch der Schutz der Nutz- und Haustiere ein wichtiges Anliegen, das nicht bagatellisiert werden dürfe.

Auf berechtigte Interessen der Landwirtschaft wiesen auch die ÖVP-Abgeordneten Franz Leonhard Eßl und Franz Hörl hin. Eßl sagte, er unterstütze die Petition für Salzburg, da er die Sorgen ernst nehme. Vor allem gelte es, an die Zukunft zu denken und bereits jetzt Maßnahmen zu setzen. Die Zahl der Wölfe könne rasch steigen, das wäre das Ende der Alm- und Weidewirtschaft in ihrer bisherigen Form. Wolfsfreie Zonen seien daher unumgänglich. Diese Sicht vertrat auch Hörl. Ein Wolf sein ein intelligentes Raubtier und bei weitem nicht so harmlos, wie einige es darzustellen versuchten, sagte Hörl. Dem müsse man Rechnung tragen.

FPÖ ist gegen Romantisierung von Wolf und Bär

Maximilian Linder (FPÖ) zog Parallelen zum Auftauchen von Bären in Kärnten. Auf die Freude über die Rückkehr eines ausgestorbenen Tieres sei bald Ernüchterung gefolgt. Der Wolf beeinträchtige die Weidewirtschaft massiv, da vor allem Schafe verstört auf die Anwesenheit von Wölfen reagieren. Da der Wolf in Europa grundsätzlich nicht gefährdet sei, könne man auch einzelne Abschüsse hinnehmen. Er sei gegen Naturromantik, die eine Rückkehr des Wolfs begrüße und die Gefahren ignoriere, unterstrich Linder.

„Der Wolf ist zurück und es sieht danach aus, dass er bleiben will“, stellte Alois Kainz (FPÖ) fest. Man solle darauf weder mit Euphorie, aber auch nicht mit unbegründeter Angst reagieren. Der Artenschutz sei wichtig, falsche Umweltromantik sei jedoch nicht angebracht. Die Rückkehr des Wolfs verursache Schäden, die man ernst nehmen müsse. Österreich könne hier zwar keinen Alleingang machen, müsse aber in der EU für mehr regionale Spielräume für die Regulierung der Wolfsbestände eintreten.

Maßnahmen zum Schutz der Nutz- und Haustiere forderte auch FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser. Wenn Konsens darüber bestehe, dass die Berglandwirtschaft erhalten werden solle, müsse man die Rahmenbedingungen schaffen, sagte Hauser. Viele Maßnahmen, wie Herdenschutzhunde, stoßen an praktische und rechtliche Grenzen, gab er zu bedenken. Solange diese Probleme nicht gelöst sind, führe an Entnahmen einzelner Wölfen kein Weg vorbei. Dieser Sicht schloss sich Volker Reifenberger (FPÖ) an. Er unterstütze die Forderung nach einem wolfsfreien Salzburg, dieses Raubtier habe keinen Platz in der dichtbesiedelten österreichischen Kulturlandschaft.

NEOS: Faktengrundlagen für sachliches Wolfsmanagement schaffen

Der Wolf, der in Österreich bereits ausgerottet war, kehrt zurück, konstatierte auch Karin Doppelbauer (NEOS). Darüber sollte man sachlich diskutieren und die Relationen beachten. In allen Ländern, wo es stabile Wolfspopulationen gebe, seien über Jahrzehnte keine Angriffe auf Menschen nachgewiesen, während jährlich Tausende Hundeattacken erfolgen und eine reale Gefahr darstellen, gab Doppelbauer zu bedenken. Um die Probleme für Viehzüchter und den Einfluss auf den Wildbestand müsse man sich selbstverständlich kümmern. Das heiße aber nicht, dass man fordern könne, dass ganze Bundesländer wolfsfrei gehalten werden.

Die Politik habe zu lange zugewartet, bis sie das Thema Wolf aufgegriffen habe, kritisierte Gerald Loacker (NEOS). Er vermisste eine brauchbare Datenbasis, um einheitliche Schadenersatzregelungen zu treffen. Die Rückkehr des Wolfs stelle ein natürliches Phänomen dar, das ein vernünftiges Management brauche. Ein solches sei, aufbauend auf den Erfahrungen anderer Länder, leicht umsetzbar, zeigte sich Loacker überzeugt. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie erlaube jedenfalls keine Herstellung von „wolfsfreien Zonen“.

Fraktion JETZT plädiert für sachliche Diskussion

Für eine sachliche Diskussion plädierte auch Wolfgang Zinggl (JETZT). Die Wortwahl einiger Petitionen, etwa die Forderung, dass Tirol „wolfsfrei“ werden solle, halte er für bedenklich. In ganz Europa gebe es 30.000 Wölfe, bisher hätten sich in Österreich nur um die 30 Tiere angesiedelt. Angesichts dieser Zahl gibt es aus Sicht von Zinggl noch keinen Anlass, nach Abschüssen und radikalen Maßnahmen zu rufen. Österreich solle sich an den Erfahrungen der Nachbarländer orientieren, die seit Langem erfolgreich das Management größerer Wolfspopulationen betreiben. (Fortsetzung Nationalrat) sox


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