Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. Juli 2020. Von MICHAEL SPRENGER. „Immer alles richtig gemacht“.

Innsbruck (OTS) Zwischen neuen Clustern und schlampigen Verordnungen. Im Vergleich mit den meisten Ländern kann Österreich mit Blick auf Corona-Erkrankte durchaus zufrieden sein. Das zur Schau gestellte Selbstlob ist aber unangebracht.

Vor einigen Wochen wurden wegen einer Handvoll Infizierter in Ober­österreich viele Schulen gesperrt. Im März wurde das Bundesland Tirol unter Quarantäne gestellt – wohl auch aus einem schlechten Gewissen heraus. Zwei Erkrankte reichten im April in Dorfgastein, um den Ort von der Umwelt auf bestimmte Zeit abzuschneiden. Mitten in der sommerlichen Hochsaison in der prominenten Salzkammergut-Gemeinde St. Wolfgang wurden dann in mehreren Hotels Dutzende Angestellte positiv auf Corona getestet. Doch in St. Wolfgang dachte man nie an Quarantäne, auch kein einziger Betrieb wurde geschlossen. War der Druck der Tourismuslobby zu groß? Oder wurde doch alles richtig gemacht? Kann durchaus sein, dass der Krisenstab gute Arbeit geleistet hat. Zumindest die Verantwortlichen loben ihr Kontaktpersonenmanagement, wie dies neuerdings beruhigend genannt wird.
In St. Wolfgang behauptet man, die richtigen Lehren aus Ischgl gezogen zu haben, wo eben am Beginn der Krise viele Fehler passiert sind. Wenn das so stimmt, dann soll man erleichtert sein. Doch warum dann die Schulschließungen wenige Wochen zuvor in Oberösterreich? Wenn in St. Wolfgang mit Blick auf die Urlauber alles in Ordnung ist, dann dürfte man wohl bei den Kindern überschießend reagiert haben. Jedenfalls fehlt im Umgang mit der Krise immer noch ein transparentes Konzept. Immer nur von politischer Seite zu erklären, Österreich mache alles gut, ist auf Dauer eine wirkungslose Beruhigungspille. Hätte man ein transparentes Konzept, dann bräuchte man nicht billig politisches Kleingeld wechseln, wie dies immer wieder passiert, wenn von der Bundesregierung mit dem Finger auf Wien gezeigt wird. In Erinnerung ist noch die vollmundige Erklärung, aus Österreich das sicherste Urlaubsland zu machen. Tourismus-Ministerin Elisabeth Köstinger und die Wirtschaftskammer waren es, die im Mai angekündigt haben, dass ab Juli bei den Tourismusbetrieben flächendeckend 65.000 Corona-Tests pro Woche durchgeführt werden. Davon ist man bis heute noch meilenweit entfernt.
Und die Verordnungen, die den Umgang mit der Pandemie regeln sollten, waren juristisch – gelinde gesagt – sehr schlecht gemacht. Weniger Selbstlob, weniger Inszenierung und weniger Ankündigungspolitik würden den politisch Verantwortlichen jedenfalls gut zu Gesicht stehen.

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