TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Wenn Impf-Appelle ins Leere gehen“, von Alois Vahrner

Ausgabe vom Mittwoch, 25. August 2021

Innsbruck (OTS) Droht bei Corona erneut ein extrem schwieriger Herbst und Winter? Weil auch Österreich weiterhin ein gutes Stück von der angepeilten „Herdenimmunität“ entfernt ist, drohen ohne weiteren Impf-Fortschritt erneut Verschärfungen.

Nach Ausbruch der Corona-Pandemie gab es außer massiven Kontaktbeschränkungen, Masken und Tests lange kein wirksames Mittel gegen die Ausbreitung des vor allem für viele Ältere und Risikogruppen sehr gefährlichen Virus. Massive Eingriffe in die Freiheitsrechte und Lockdowns, welche den Staats-Schuldenberg massiv anwachsen ließen, waren die Folgen.
Bis heute gibt es keine wirklich wirksamen Medikamente gegen Corona, dafür aber seit Jahreswechsel von der Forschung beeindruckend rasch entwickelte Impfstoffe – zunächst noch in sehr geringen, dann aber rasch gesteigerten Stückzahlen. Seit Wochen sind weniger die (reichlich vorhandenen) Impfstoffe das Problem, sondern die fehlende Bereitschaft vieler Nicht-Geimpfter. Es sind zwar in Österreich etwa 60 Prozent der Bevölkerung geimpft, womit man aber von der „Herden­immunität“ noch deutlich entfernt ist.
Kommt nach einem zweiten Sommer trügerischer Unbekümmertheit wie im Vorjahr abermals ein böses Erwachen? Die Infektionszahlen steigen weiter an, wie im Vorjahr vor allem auch durch Urlaubs-Rückkehrer. Einen Treiber dafür stellen Virus-Mutationen wie die momentan dominierende, deutlich ansteckendere Delta-Variante dar. Weil sich aber vor allem viele Junge infizieren (sie sind viel seltener geimpft als Ältere), ist die Lage in den Spitälern zumindest noch nicht so kritisch. Das hat mittlerweile auch Deutschland eingesehen, das von seinem sturen Festhalten an Inzidenz-Werten (die vor der Impfung aussagekräftiger waren, weil man auf Intensiv­patienten und Todesfälle hochrechnen konnte) jetzt auf die Spitalszahlen umschwenken will. Zum Glück auch für unseren Tourismus, dem sonst schon bald die nächsten verheerenden Reisewarnungen gedroht hätten. Die Krise wird letztlich nur rasch vorbei sein, wenn sich noch deutlich mehr impfen lassen. In praktisch allen Ländern werden die Regeln für Ungeimpfte verschärft. Besonders drastisch agieren einige südeuropäische Länder: Italien plant eine Impfpflicht, wenn nicht bald 80 Prozent Durchimpfung erreicht sind. In Griechenland müssen Ungeimpfte Covid-Tests künftig selbst zahlen, im Gesundheits- und Pflegesektor gilt seit einiger Zeit eine Impfpflicht. Sonst wird man ohne Bezahlung nach Hause geschickt. In Österreich setzt man vorerst weiter auf Appelle, die freilich vielfach wirkungslos verhallen. Irgendwann könnten der Staat und die gesamte Gesellschaft nicht mehr immer alle Folgen tragen, wenn ein Teil „unvernünftig“ agiere. Es gebe letztlich die Wahl, sich impfen zu lassen oder sich irgendwann zu infizieren, sagte Kanzler Kurz vor Wochen. Wenn sich die Lage allerdings deutlich verschlechtert, wovon auszugehen ist, wird es doch zu schärferen Regeln kommen. Zumal Lockdowns für alle nicht mehr argumentierbar sind.

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