Zweite COVID-19-Welle verzögert Konjunkturerholung | Oesterreichische Nationalbank, 11.12.2020

Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2020 bis 2023

Wien (OTS) Österreichs Wirtschaft erholte sich vom tiefen Konjunktureinbruch über die Sommermonate rascher als erwartet. Die gegenwärtige zweite Infektionswelle führt jedoch zu einem erneuten Konjunktureinbruch im vierten Quartal. Dieser dürfte aber im Vergleich zum Frühjahr nur halb so stark ausfallen. Unter der Annahme eines schrittweisen Auslaufens der gesundheitspolitischen Maßnahmen im ersten Halbjahr 2021 erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) einen kräftigen konjunkturellen Aufholprozess. Nach einem Rückgang des realen BIP im Ausmaß von 7,1 Prozent im Jahr 2020 wird für die Jahre 2021 bis 2023 mit Wachstumsraten von 3,6 Prozent, 4,0 Prozent bzw. 2,2 Prozent gerechnet. Mitte 2022 sollte das reale BIP wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Trotz des massiven Konjunktureinbruchs sinkt die HVPI-Inflationsrate im Jahr 2020 nur moderat auf 1,3 Prozent. Im weiteren Prognosezeitraum steigt sie auf 1,7 Prozent an. Das gesamtstaatliche Defizit (Maastricht) wächst im Jahr 2020 auf 9,2 Prozent des BIP, wird sich jedoch bis 2023 wieder deutlich auf 1,4 Prozent des BIP zurückbilden.

Pandemieverlauf bestimmt weitere Konjunkturentwicklung

Es werden voraussichtlich zwar bereits zu Jahresbeginn 2021 Impfstoffe zur Verfügung stehen, eine effektive globale Umsetzung wird jedoch Zeit brauchen und erst mit Jahresbeginn 2022 abgeschlossen sein. Es wird daher nur eine schrittweise Lockerung der Stützungsmaßnahmen angenommen: Im ersten Quartal 2021 sowie in geringerem Ausmaß auch noch im zweiten Quartal 2021 wird die wirtschaftliche Aktivität in und außerhalb Österreichs noch durch die Pandemie belastet.

Wachstumsverluste des zweiten Lockdowns nur halb so groß wie im Frühjahr

Der zweite Lockdown wird zu einem deutlich geringeren Einbruch der Wirtschaftsleistung führen als der erste im Frühjahr. Es wird erwartet, dass das BIP in den Wochen während des zweiten Lockdowns um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgehen wird; im Frühjahr war das Minus mit –25 Prozent fast doppelt so hoch. Zu den wichtigsten Gründen für die geringeren Auswirkungen zählen geringere Störungen der globalen Wertschöpfungsketten, keine Produktionsschließungen, Lerneffekte, die geringere Unsicherheit sowie größere Zuversicht angesichts einer sich abzeichnenden medizinischen Lösung.

Aufwärtstrend bei den Güterexporten, aber erneuter Einbruch im Tourismus

Die zweite Infektionswelle dürfte zu keinem erneuten Einbruch im Güterhandel führen und dessen Wachstum nur geringfügig dämpfen. Bei den Tourismusexporten muss hingegen erneut mit hohen Verlusten gerechnet werden. Insgesamt ist für das Gesamtjahr 2020 mit einem Rückgang der Exporte von Gütern und Dienstleistungen von knapp 12 Prozent zu rechnen. Im Laufe des Jahres 2021 wird mit einer kräftigen Konjunkturerholung in allen wichtigen Exportzielländern gerechnet, von der Österreichs Exporteure profitieren werden.

Zwangs- und Vorsichtssparen führen zu Einbruch des privaten Konsums

Zwangssparen aufgrund der Einschränkungen der Konsummöglichkeiten und Vorsichtssparen aufgrund der erhöhten Einkommensunsicherheit haben im Jahr 2020 zu einem starken Anstieg der Sparquote auf 13,7 Prozent (+5,5 Prozentpunkte) und einem Einbruch der privaten Konsumausgaben (–8,8 Prozent) geführt. Für das Jahr 2021 wird trotz stagnierender Realeinkommen ein Konsumwachstum von 3,9 Prozent erwartet, da die privaten Haushalte ihre Sparquote wieder zurückführen werden.

Kurzarbeit verhindert stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit

Der Wirtschaftseinbruch verringert im Jahr 2020 das Arbeitsvolumen (Anzahl der Arbeitsstunden) der unselbstständig Beschäftigten um 8,8 Prozent. Der Beschäftigungsabbau fällt dank des massiven Einsatzes von Kurzarbeit jedoch mit –2,3 Prozent vergleichsweise moderat aus. Für das Jahr 2021 wird mit einem leichten Anstieg der Beschäftigung gerechnet. Die Arbeitslosigkeit nach AMS-Definition steigt 2020 um 2,8 Prozentpunkte auf 10,2 Prozent, wird 2021 auf diesem Niveau verharren und bis zum Jahr 2023 auf 8,9 Prozent zurückgehen.

Inflation sinkt angesichts des massiven Konjunktureinbruchs nur geringfügig

Die HVPI-Inflationsrate wird im Jahr 2020 auf 1,3 Prozent zurückgehen. Der COVID-19-bedingte Nachfrageausfall drückt die Preise von Industriegütern ohne Energie und Dienstleistungen. Zusätzlich wird die Inflation durch niedrige Energiepreise gedämpft. Im Jahr 2021 steigt die HVPI-Inflationsrate angesichts weiterhin bestehender freier Produktionskapazitäten nur moderat auf 1,4 Prozent an und erreicht in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 1,7 Prozent.

Massives Budgetdefizit im Jahr 2020 gefolgt von graduellem Abbau in den nächsten Jahren

Durch den starken Wirtschaftseinbruch sowie die umfangreichen fiskalischen Stützungs-maßnahmen verschlechtert sich der Budgetsaldo 2020 auf –9,2 Prozent des BIP (nach +0,7 Prozent des BIP 2019). In den Folgejahren ermöglichen das Auslaufen vieler diskretionärer Maßnahmen (insbesondere Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz) und die konjunkturelle Erholung wieder einen graduellen Abbau des Defizits, sodass für 2023 ein Budgetsaldo von –1,4 Prozent des BIP erwartet wird. Die Staatsschuldenquote steigt 2020 und 2021 sehr stark an (auf 83,3 Prozent bzw. 86,4 Prozent des BIP) und geht danach bis 2023 geringfügig auf 82,5 Prozent des BIP zurück.

Rückfragen & Kontakt:

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